Ausschnitt 4

<  Teil 3

WAHRHEIT

„Meister“, sprach er, „so sag uns doch, was Wahrheit ist!“

Nach einem weiteren Moment des Schweigens, einem Schweigen des Nachsinnens, so hofften die Schüler, öffnete er den Mund, als ob er etwas sagen wollte, schloss ihn aber sogleich wieder.

Gerade als jene Erwartung, die ihre Augen einen Moment zuvor noch hatte aufleuchten lassen, begann, in unbestimmte Ferne zu schwinden, nur um zunehmend der Betroffenheit Platz zu machen, hob der Meister den Blick, welcher nach innen gerichtet gewesen war und sich nun seinen Weg in die Gegenwart zu bahnen suchte.

„Wahrheit ist der Moment, nachdem du den Mund öffnest und bevor du sprichst. Wahrheit ist die Stille, die zwischen deiner Zunge und deinem Verstand schwebt. Wahrheit ist das Schweigen zwischen innerer Einkehr und Äußerung. Wahrheit ist Wahrheit!“

Der Blick der Schüler hingegen war voller Verwirrung, keiner von ihnen war auch nur einen Deut schlauer als vorher und es war offensichtlich, dass sie zwar von der blumigen Ausdrucksweise ihres Lehrmeisters begeistert waren, weniger jedoch von dessen Gleichnissen, welche hoch an der Zahl waren und ihnen stets Kopfschmerzen bereiteten. Nichts stand ihnen in diesem Moment ferner, als ihn mit weiteren Fragen zu belästigen – aus Angst, die Schmerzen, die durch seine zahlreichen Gleichnisse hervorgerufen wurden, noch zu verstärken.

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